Hausgemeinschaft mit Atmosphäre
Zeitzeugen | 1960er Jahre
Otto-Heinz Kummer berichtet: „Als damaliger Universitätsangehöriger trat ich im Mai 1959 in die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft der Martin-Luther-Universität mit der Mitgliedsnummer 283 ein."
"Nach Erfüllung aller Leistungen (2.400 Mark Genossenschaftsanteile für eine 2-2½-Zimmer-Wohnung und 450 Arbeitsstunden) erhielt ich nach drei Jahren Mitgliedschaft 1962 die Zuweisung für eine Wohnung im Block 34b in der Südstadt – postalisch Paul-Suhr-Straße 70, 3. Etage rechts."
Den Komfort genießen
Im September 1962 zog ich mit meiner Frau und meinem 3-jährigen Sohn in unser neues Zuhause ein. Auch wenn das Umfeld noch nicht gestaltet war – unbefestigte Fußwege, Trockenplätze usw. – konnten wir den Komfort genießen: Ein Bad mit Innentoilette und Wanne, große, helle Fenster, und den Tag mit Frühstück und Kaffee auf dem Balkon beginnen. Dazu kam noch der weite Ausblick über Gärten, Wiesen, Felder und den Ort Beesen bis zum Buna-Werk.
Auf der Balkonseite unseres Hauses führte ein verbreiterter Feldweg vorbei, die spätere Murmansker Straße, die, als wir einzogen, noch nicht ausgebaut war. Beim Verlassen des Hauses war festes Schuhwerk angesagt.
Wir wohnten damals am Stadtrand. Nach Süden und Richtung Westen über den ‚Eierweg‘ hinaus bis Wörmlitz/Böllberg war nur unbebautes Land: Schrebergärten, Baumschulen und Ländereien von Agrarbetrieben. Anfangs gab es auch keine Verkehrsanbindungen – die nächste Haltestelle war erst Ecke Vogelweide/Elsa-Brändström-Straße. Das bedeutete über 1 Kilometer Fußmarsch.
Monate später und Schritt für Schritt verbesserte sich die Lage. Die Paul-Suhr-Straße wurde weiter nach Süden, die Murmansker Straße bis zur Elsa-Brändström-Straße ausgebaut.
Schritt für Schritt
"Eine Buslinie konnte eingerichtet werden, dann folgte nach Gleisbauarbeiten die Verlängerung der Straßenbahnlinie zunächst bis zur Moskauer Straße. Auch in der Murmansker Straße ging die Bautätigkeit weiter: Es wurden eine Schule, ein Pflegeheim, eine Behindertenschule und, was wir als Anwohner als eine große Planungsdummheit ansahen, ein Heizwerk in gut 150 Metern Entfernung, das mit Rohbraunkohle betrieben wurde, errichtet. Die Beschickung erfolgte mit LKW, die das Heizmaterial abkippten und eine riesengroße, rotbraune Staubwolke hinterließen (u.a. nicht geringe Mengen auf unserem Balkon und den Fensterbrettern!).
Dabei hatte unsere Wohnung und das gesamte Neubaugebiet Südstadt I überwiegend Ofenheizung!
1965 kam die AWG der Martin-Luther-Universität zur AWG „Frohe Zukunft“. Meine neue Mitgliedsnummer lautete nun 283 U! Für uns Mieter brachte die Umstellung – außer einem neuen Mietvertrag – keine Veränderungen. In unserer Hausgemeinschaft wohnten im Erstbezug acht Ehepaare mit 15 Kindern. Es waren alles junge Leute, die ältesten 35 bis 45 Jahre. Es entwickelte sich in den Folgejahren eine freundliche, hilfsbereite Atmosphäre. Fünf von acht Mietern wohnen seit dem Erstbezug immer
noch dort. Das ist schon eine Anerkennung wert: Es spricht sowohl für die Leistungen der Wohnungsgenossenschaft als auch für die Mieter selbst.“
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Diesen und weitere spannende Zeitzeugenberichte finden Sie in unserer Chronik. Diese ist in unserem Wohn- und Spargeschäft für nur 14,99 € erhältlich.
Auf 168 Seiten wird die aufregende 60-jährige Geschichte unserer Genossenschaft mit persönlichen Erfahrungsberichten und historischen Materialen erzählt. Ein Zeitdokument, das sicherlich FZWG-Geschichte schreiben wird und die Basis für weitere Kapitel bildet.
Über die Autorin
Gemeinsam mit Cornelia Heller, Dipl. Journalistin aus Magdeburg, ließen wir mithilfe alter Dokumente, Erzählungen und Briefe unserer Mitglieder die Geschichte unserer Genossenschaft lebendig werden.
Durch die zahlreichen Einzelinterviews schuf Sie ein einzigartiges Zeitdokument.